Montag, 2. Oktober 2006
Ich sehe überall bei EBAY ersteigerte gelbe Posttaschen
Am Montag, 2. Okt 2006 im Topic 'Urlaubstagebuch'
Es wird eine Zeit kommen da alle Dinge um uns herum danach beurteilt werden ob man sie bei Ebay anbieten kann oder nicht. Und da man bei Ebay inclusive Massenvernichtungswaffen alles anbieten kann, kommen unsichere Zeiten auf uns zu.
Wer sagt denn, das nicht ein „Freund“ dein Foto schon längst bei Ebay veröffentlicht hat? Versehen mit einer Angebotsnummer und beleidigend niedrigem Startgebot?
3,2,1 ... meins, und schon gehörst du einem Schwedischen Lehrerehepaar und kannst nichts dagegen machen.
Du verbringst einen ganzen Nachmittag damit, dich selbst in einen Karton zu verpacken. Am schwierigsten ist es das Klebeband von außen drum zu kriegen. Und ab geht die Post.
Es hat alles seine Richtigkeit- schließlich haben deine neuen Besitzer ein Rückgaberecht und wenn du Glück hast, dann hast du irgendwelche Mängel.
Wenn nicht: Schweden hat auch schöne Seiten. Zum Beispiel die Landschaft.
Das Lehrerehepaar erweist sich als nett und interessiert an Deutscher Kultur. Deine Worte übersetzen sie mühsam mit einem „Polyglott 2000“ von Langenscheidt. Natürlich auf Ebay ersteigert.
Es gibt drei Mahlzeiten am Tag und du bekommst ein Mal in der Woche Ausgang.
Was will man mehr.
Die Schweden sind ein freundliches Volk
Du hast zwar gelesen das die Menschen in diesen nördlichen Ländern sich bei jeder Kleinigkeit umbringen, aber das waren wohl speziell die Norweger. Oder die Japaner? Egal. Es bringt wenig darauf zu warten das die beiden eines Morgens tot in der Küche hängen.
Die Tage gehen dahin und Du fragst dich warum das Ehepaar dich überhaupt haben wollte. Die beiden surfen nach der Arbeit im Internet und ersteigern ständig neue Dinge. Du hörst es an den Freudeschreien wenn sie wieder mal schneller waren. Nach und nach bekommst du Gesellschaft: Einen schweigsamen Taiwanesischen Feinmechaniker, eine sibirische Zwergamarille, zwei Dschunken aus Hugh Hefners privatem Marinemuseum und einen Bären.
Es wird eng.
Eines Nachts gelingt es dir, ein Foto deiner Besitzer zu machen. Ohne Blitz, darum ist das Bild ein wenig dunkel- aber zu erkennen ist das wesentliche: Ein schlafendes schwedisches Lehrerehepaar von freundlichem Wesen. Interessiert an deutscher Kultur, Sibirien, Feinmechanik und Bären. Entgegen der landläufigen Meinung nicht selbstmordgefährdet.
So ähnlich formulierst du auch Deine Beschreibung auf der Ebay- Seite, lädst das Foto hoch und wartest.
Es gibt für alles in der Welt einen Interessenten.
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Der Drachen am Hermsdorfer Kreuz
Am Montag, 2. Okt 2006 im Topic 'Urlaubstagebuch'
Ich war unterwegs nach Berlin. Einen Freund besuchen. Einen der wenigen die ich habe. Darum fuhr ich besonders vorsichtig.
Kurz vor Hermsdorf hörte ich zum ersten Mal dieses Klappern. Schlecht zu lokalisieren. Vielleicht vom Motor. Vielleicht auch nicht. Ich fuhr auf den Rastplatz und da stand ER.
Ein Drachen.
Er lehnte an einem russischen Laster und versuchte lässig auszusehen.
Ich bin einer von denen die betont weggucken wenn sie Prominenten begegnen oder Behinderten. Um zu zeigen, wie normal man mit so was umgehen kann.
Bei dem Drachen verhielt ich mich genau so und beobachtete ihn nur aus dem Augenwinkel als ich rückwärts in die Parklücke hineinstieß. Ich öffnete die Motorhaube und schaute angestrengt in den warmen Metallhaufen.
„Hallo,“ sagte der Drache. „Klingt jetzt vielleicht doof, aber hast Du mal Feuer?“
Wir grinsten beide und ich gab ihm Feuer. Er rauchte Luckys. Wie ich. Aber die leichten.
„Im Arsch?“ fragte der Drachen.
„Nö,“ sagte ich. „Hoff ich zumindest nicht. Klappert nur was. Mal sehn.“
„Na da,“ sagte der Drachen.
Wir standen schweigend und rauchten, als sich der osteuropäische Lastwagenfahrer mit einem eingeschweißten Schinkenbaguette die Trittleiter seines Brummis hinaufschwang und den Motor anließ.
„Will nicht wissen was die Jungs auf dem Fahrtenschreiber haben,“ sagte der Drachen und blies eine Wolke aus seinen Nüstern. „Der kommt aus Minsk. Das sind über 3000 Kilometer. Luftlinie.“
Ich nickte und der LKW schob sich brüllend Richtung Ausfahrt. Die Schuppen des Drachen glänzten im Regen. Ich fröstelte. Meine Motorhaube stand noch immer offen und dampfte ein wenig.
„Soll ich mal?“ fragte der Drachen und wir schaute beide in den Motorraum. „Klappert’s jetzt mehr metallisch wie Motor oder mehr dumpf wie Innenraum?“
„Weiß nicht. Irgendwie dazwischen.“
Der Drachen drückte am Vergaser herum und bewegte ein paar Schläuche. „Tja,“ sagte er. „Man steckt nicht drin.“
„Die bauen die Dinger heute so das sie nach einer bestimmten Zeit automatisch kaputt gehen“, sagte ich.
„Hab ich auch gehört,“ sagte der Drachen. „Schweinebacken.“
Wir schwiegen wieder, rauchten, und schauten. „Also ich seh nix,“ sagte der Drachen. „Ist bestimmt was von Innen. Aus der Verkleidung oder so.“
Ich machte die Motorhaube zu und der Drachen wanderte ein Mal um meinen Wagen und trat gegen die Reifen. „Ganz schön runter!“ rief er vom Heck.
„Ich weiß!“ rief ich zurück.
„Keine Kohle, was?“ rief der Drachen und schnippte seine Zigarette fort.
„Hä Hä!“ rief ich, und wir grinsten wieder.
„Ich mach jetzt los,“ sagte der Drachen.
Ich nickte.
„Meine Kippen sind alle. Hast du noch eine für mich?“
„Klar. Sind aber die Starken“
„Scheiß drauf. Die Leichten machen auch nur Krebs. Weil man tiefer inhaliert.“
Wir standen wieder schweigend, es begann stärker zu regnen und langsam wurde es unangenehm.
„Yepp,“ sagte der Drachen. „Dann will ich mal.“
„Hau rein,“ sagte ich.
„Wo?“
Wir grinsten wieder. Der Drachen breitete seine Flügel aus und schob die Zigarette in einen blauen Hüftgürtel. „Also dann,“ sagte er. „Bis die Tage. Ach so, und bleib dran. Die Kleine ist der Hammer.“
„Was?“ fragte ich.
„Die Grosse meinetwegen. Sorry.“
Ich muss erstaunt ausgesehen haben.
„Hallo!“ sagte der Drachen. „Ich kann Gedanken lesen. Drache und so. Alles klar?“
„Ach so,“ sagte ich. „Alles klar.“
„Hoff ich für dich. Na dann!“ Der Drachen spuckte aus, hob sich in die Luft, ächzte, und schlingerte über den Parkplatz bis er den richtigen Luftstrom erwischt hatte. Mit einer Drehung schraubte er sich in die Regenwolken und war am Hermsdorfer Kreuz bevor ich mein Fotohandy startklar hatte.
„Scheiße,“ dachte ich. „Jetzt hat er eine Kippe, aber wieder kein Feuer. Der wird sich in den Arsch beißen.“ Als ich mich auf den Fahrersitz schob spürte ich etwas hartes und griff unter mich. Ein kleiner Gegenstand. In Papier eingewickelt.
Der Drache musste das Ding auf seiner Runde um mein Auto irgendwie durch den Spalt im Fenster gestopft haben.
Ich packte einen milchigweißen Stein aus. Er war kühl und lag in der Hand wie ein Vogelei. Ein fast durchsichtiges Vogelei.
Auf dem Papier stand in krakeliger Kinderschrift:
„Danke noch mal für die Kippe. Gib der Großen den Stein. Er ist vom Mond. Sie übrigens auch. Mach dir keine Sorgen mehr über Hodenkrebs und Deutschland wird nicht Fussballweltmeister. Tschüss mit Üss!“
Ich grinste. Weil ich wusste das der Drachen in diesem Moment auch grinste.
Und weil ich jetzt weiß das alle Menschen die keine Ahnung von Autos haben zumindest in dieser Sache ein bisschen wie Drachen sind.
Kurz vor Hermsdorf hörte ich zum ersten Mal dieses Klappern. Schlecht zu lokalisieren. Vielleicht vom Motor. Vielleicht auch nicht. Ich fuhr auf den Rastplatz und da stand ER.
Ein Drachen.
Er lehnte an einem russischen Laster und versuchte lässig auszusehen.
Ich bin einer von denen die betont weggucken wenn sie Prominenten begegnen oder Behinderten. Um zu zeigen, wie normal man mit so was umgehen kann.
Bei dem Drachen verhielt ich mich genau so und beobachtete ihn nur aus dem Augenwinkel als ich rückwärts in die Parklücke hineinstieß. Ich öffnete die Motorhaube und schaute angestrengt in den warmen Metallhaufen.
„Hallo,“ sagte der Drache. „Klingt jetzt vielleicht doof, aber hast Du mal Feuer?“
Wir grinsten beide und ich gab ihm Feuer. Er rauchte Luckys. Wie ich. Aber die leichten.
„Im Arsch?“ fragte der Drachen.
„Nö,“ sagte ich. „Hoff ich zumindest nicht. Klappert nur was. Mal sehn.“
„Na da,“ sagte der Drachen.
Wir standen schweigend und rauchten, als sich der osteuropäische Lastwagenfahrer mit einem eingeschweißten Schinkenbaguette die Trittleiter seines Brummis hinaufschwang und den Motor anließ.
„Will nicht wissen was die Jungs auf dem Fahrtenschreiber haben,“ sagte der Drachen und blies eine Wolke aus seinen Nüstern. „Der kommt aus Minsk. Das sind über 3000 Kilometer. Luftlinie.“
Ich nickte und der LKW schob sich brüllend Richtung Ausfahrt. Die Schuppen des Drachen glänzten im Regen. Ich fröstelte. Meine Motorhaube stand noch immer offen und dampfte ein wenig.
„Soll ich mal?“ fragte der Drachen und wir schaute beide in den Motorraum. „Klappert’s jetzt mehr metallisch wie Motor oder mehr dumpf wie Innenraum?“
„Weiß nicht. Irgendwie dazwischen.“
Der Drachen drückte am Vergaser herum und bewegte ein paar Schläuche. „Tja,“ sagte er. „Man steckt nicht drin.“
„Die bauen die Dinger heute so das sie nach einer bestimmten Zeit automatisch kaputt gehen“, sagte ich.
„Hab ich auch gehört,“ sagte der Drachen. „Schweinebacken.“
Wir schwiegen wieder, rauchten, und schauten. „Also ich seh nix,“ sagte der Drachen. „Ist bestimmt was von Innen. Aus der Verkleidung oder so.“
Ich machte die Motorhaube zu und der Drachen wanderte ein Mal um meinen Wagen und trat gegen die Reifen. „Ganz schön runter!“ rief er vom Heck.
„Ich weiß!“ rief ich zurück.
„Keine Kohle, was?“ rief der Drachen und schnippte seine Zigarette fort.
„Hä Hä!“ rief ich, und wir grinsten wieder.
„Ich mach jetzt los,“ sagte der Drachen.
Ich nickte.
„Meine Kippen sind alle. Hast du noch eine für mich?“
„Klar. Sind aber die Starken“
„Scheiß drauf. Die Leichten machen auch nur Krebs. Weil man tiefer inhaliert.“
Wir standen wieder schweigend, es begann stärker zu regnen und langsam wurde es unangenehm.
„Yepp,“ sagte der Drachen. „Dann will ich mal.“
„Hau rein,“ sagte ich.
„Wo?“
Wir grinsten wieder. Der Drachen breitete seine Flügel aus und schob die Zigarette in einen blauen Hüftgürtel. „Also dann,“ sagte er. „Bis die Tage. Ach so, und bleib dran. Die Kleine ist der Hammer.“
„Was?“ fragte ich.
„Die Grosse meinetwegen. Sorry.“
Ich muss erstaunt ausgesehen haben.
„Hallo!“ sagte der Drachen. „Ich kann Gedanken lesen. Drache und so. Alles klar?“
„Ach so,“ sagte ich. „Alles klar.“
„Hoff ich für dich. Na dann!“ Der Drachen spuckte aus, hob sich in die Luft, ächzte, und schlingerte über den Parkplatz bis er den richtigen Luftstrom erwischt hatte. Mit einer Drehung schraubte er sich in die Regenwolken und war am Hermsdorfer Kreuz bevor ich mein Fotohandy startklar hatte.
„Scheiße,“ dachte ich. „Jetzt hat er eine Kippe, aber wieder kein Feuer. Der wird sich in den Arsch beißen.“ Als ich mich auf den Fahrersitz schob spürte ich etwas hartes und griff unter mich. Ein kleiner Gegenstand. In Papier eingewickelt.
Der Drache musste das Ding auf seiner Runde um mein Auto irgendwie durch den Spalt im Fenster gestopft haben.
Ich packte einen milchigweißen Stein aus. Er war kühl und lag in der Hand wie ein Vogelei. Ein fast durchsichtiges Vogelei.
Auf dem Papier stand in krakeliger Kinderschrift:
„Danke noch mal für die Kippe. Gib der Großen den Stein. Er ist vom Mond. Sie übrigens auch. Mach dir keine Sorgen mehr über Hodenkrebs und Deutschland wird nicht Fussballweltmeister. Tschüss mit Üss!“
Ich grinste. Weil ich wusste das der Drachen in diesem Moment auch grinste.
Und weil ich jetzt weiß das alle Menschen die keine Ahnung von Autos haben zumindest in dieser Sache ein bisschen wie Drachen sind.
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Sonntag, 27. August 2006
"Heraklion" (Aus meinem Urlaubstagebuch)
Am Sonntag, 27. Aug 2006 im Topic 'Urlaubstagebuch'
Bei Stadtbummeln im Urlaub in fremden, heißen Städten fangen wir alle irgendwann an zu spinnen.
Das liegt einfach daran das unser Gehirn verdampft. Eine einfache medizinische Erklärung.
Bei Paaren beginnt das damit das immer weniger geredet wird. Man grunzt einfach und das heißt dann: Schatz, lass uns hier in diese von Menschenmassen verstopfte Gasse links einbiegen und ich liebe dich und es war eine tolle Idee hierher zu fahren!
Frauen grunzen meist nicht etwas ähnlich liebevolles zurück. Meist sind sie schon längst in diese verdammte Gasse eingebogen und wenn Du dich nicht beeilst findest du sie nie wieder und dein trauriges grunzen versteht auf einer griechischen Polizeiwache kein Mensch.
Die nächste Stufe des Hitzeschadens ist das du anfängst zu singen.
Erst halblaut, eingebaut zwischen zwei schweren Atemzügen die dir der Riemen deiner Kamera um den Hals noch schenkt, irgendein da di – da da. Da di – da da.
Dann variieren die Tonfolgen und der Refrain irgendeines Schlagers wird erkennbar. Dabei ist die Jahreszeit in der dieser Schlager handelt völlig egal. Ich weiß von einem Familienvater der auf einer fünfstündigen Wanderung durch die Schlucht von Samaria das Lied „O Tannenbaum“ so oft vor sich hingesungen hat, das er dieses auch zu Weihnachten nicht mehr ertragen kann. Aber bei diesem Tagesausflug in der sengenden kretischen Sonne hat ihm das Lied vielleicht das Leben gerettet.
Der Höhepunkt des Hitzegesangs ist allerdings der Wechselgesang.
„Du bist mein Engelbert…“, sang Julia und trottete vor mir her. „Du bist mein Engelbert…“
„Humperdink!“ , setzte ich fort. „HUMPERDINCK!“
„Du bist mein Engelbert…“,„Du bist mein Engelbert…“
„HUMPERDINCK! HUMPERDINCK!!!!“
Es war eine lange Straße mit sehr uninteressanten Läden. Aber unser Lied ließ sich in seiner Länge ebenfalls endlos ausdehnen und die Informationen die es enthielt waren ausreichend.
„Engelbert!“
„Humperdinck!“
Zum Glück kam ein Cafe im Schatten, mit einem Brunnen davor.
„Warum bin ich Dein Engelbert?“
„Weil Frauen sowieso alle Engel sind, darum gibt es nur einen männlichen Engel und das ist Engel Bert und das bist Du.“
„Engel haben aber gar keine Geschlechtsteile. Sie sind geschlechtslos.“
Die Hitze hatte mich aggressiv gemacht. Ich hatte Lust zum streiten.
„Jetzt hackst Du sogar auf Engeln rum. Da will man was nettes sagen…“
I
Ich filmte den Brunnen. Unsere Gehirne waren fast vollständig weggebrutzelt und Julia durchblätterte schimpfend den Reiseführer.
Im Falk- Reiseführer ist der erste Satz: „Heraklion ist nicht schön aber interessant“
Spricht es für einen Reiseführer wenn er so schonungslos ehrlich ist? Sicherlich.
Aber der Falk lag trotzdem falsch: Heraklion ist nicht nur nicht schön, es ist auch nicht interessant.
Natürlich gibt es einen Hafen mit einer Festung die man für Fünf Euro besuchen kann. Vor die Kaimauern brandet natürlich die Brandung und zerfrisst einen alten Anker der dort liegt. Das sieht sehr malerisch aus, das ist es dann aber auch schon.
Ein Paar betrachtete interessiert zwei Körbe mit Schwämmen und ein alter griechischer Fischer betrachtete die beiden seinerseits, aber uninteressiert.
Wir machten uns auf, den Zigeunermarkt von Heraklion zu suchen. Im Falk steht den gibt’s jeden Samstag. Nur nicht wo. Das volkskundliche Klischee besagt ja das Zigeuner vielmehr dazu neigen zu stehlen, als Dinge anzubieten. Aber vielleicht stehlen sie erst und verkaufen die Sachen dann? Wir fanden das nicht schön aber interessant. Vielleicht meinte der Falk genau das.
In der Souvenirmeile blieben wir stecken. Zwischen Gemüse, Gürteln, Tüchern, Schals, Ikonen, Fleisch, Käse, elektrischen Kleingeräten und Sonnenbrillen.
„Vielleicht ist das der Zigeunermarkt?“ Ich hatte keine Lust mehr zu suchen.
„Bestimmt“, sagte Julia. „Ich habe keine Lust mehr zu suchen.“
Julia hat die Fähigkeit aus jeder Situation nicht nur das beste zu machen, sie kann alles so drehen als wäre es die einzige und beste Situation in die wir hätten geraten können. Wäre sie damals als Erste zufällig auf den traurigen Saddam Hussein in seiner Erdhöhle gestoßen, hätte sie ihm auf die Schulter geklopft und gesagt: „Mensch, das ist doch für einen Single genau die richtige Größe!“
Oder etwas in der Art.
Julia beschloss also das die 200 Meter lange Touristengasse ganz eindeutig der Zigeunermarkt sei. Die Händler wären von ihrer Einschätzung nicht begeistert gewesen, aber egal. Wir liefen die bunte Gasse noch einmal in entgegengesetzter Richtung ab, so das sie viel länger wirkte.
Nicht schön, aber interessant.
Wir kauften Raki für Freunde und Eltern und schworen einander stark zu sein und den Schnaps bis zum Ende des Urlaubs nicht anzurühren. Im Hotel ließen wir die Flaschen tatsächlich eingepackt auf der Kommode stehen. So sahen sie nicht schön aus, aber interessant.
Das liegt einfach daran das unser Gehirn verdampft. Eine einfache medizinische Erklärung.
Bei Paaren beginnt das damit das immer weniger geredet wird. Man grunzt einfach und das heißt dann: Schatz, lass uns hier in diese von Menschenmassen verstopfte Gasse links einbiegen und ich liebe dich und es war eine tolle Idee hierher zu fahren!
Frauen grunzen meist nicht etwas ähnlich liebevolles zurück. Meist sind sie schon längst in diese verdammte Gasse eingebogen und wenn Du dich nicht beeilst findest du sie nie wieder und dein trauriges grunzen versteht auf einer griechischen Polizeiwache kein Mensch.
Die nächste Stufe des Hitzeschadens ist das du anfängst zu singen.
Erst halblaut, eingebaut zwischen zwei schweren Atemzügen die dir der Riemen deiner Kamera um den Hals noch schenkt, irgendein da di – da da. Da di – da da.
Dann variieren die Tonfolgen und der Refrain irgendeines Schlagers wird erkennbar. Dabei ist die Jahreszeit in der dieser Schlager handelt völlig egal. Ich weiß von einem Familienvater der auf einer fünfstündigen Wanderung durch die Schlucht von Samaria das Lied „O Tannenbaum“ so oft vor sich hingesungen hat, das er dieses auch zu Weihnachten nicht mehr ertragen kann. Aber bei diesem Tagesausflug in der sengenden kretischen Sonne hat ihm das Lied vielleicht das Leben gerettet.
Der Höhepunkt des Hitzegesangs ist allerdings der Wechselgesang.
„Du bist mein Engelbert…“, sang Julia und trottete vor mir her. „Du bist mein Engelbert…“
„Humperdink!“ , setzte ich fort. „HUMPERDINCK!“
„Du bist mein Engelbert…“,„Du bist mein Engelbert…“
„HUMPERDINCK! HUMPERDINCK!!!!“
Es war eine lange Straße mit sehr uninteressanten Läden. Aber unser Lied ließ sich in seiner Länge ebenfalls endlos ausdehnen und die Informationen die es enthielt waren ausreichend.
„Engelbert!“
„Humperdinck!“
Zum Glück kam ein Cafe im Schatten, mit einem Brunnen davor.
„Warum bin ich Dein Engelbert?“
„Weil Frauen sowieso alle Engel sind, darum gibt es nur einen männlichen Engel und das ist Engel Bert und das bist Du.“
„Engel haben aber gar keine Geschlechtsteile. Sie sind geschlechtslos.“
Die Hitze hatte mich aggressiv gemacht. Ich hatte Lust zum streiten.
„Jetzt hackst Du sogar auf Engeln rum. Da will man was nettes sagen…“
I
Ich filmte den Brunnen. Unsere Gehirne waren fast vollständig weggebrutzelt und Julia durchblätterte schimpfend den Reiseführer.
Im Falk- Reiseführer ist der erste Satz: „Heraklion ist nicht schön aber interessant“
Spricht es für einen Reiseführer wenn er so schonungslos ehrlich ist? Sicherlich.
Aber der Falk lag trotzdem falsch: Heraklion ist nicht nur nicht schön, es ist auch nicht interessant.
Natürlich gibt es einen Hafen mit einer Festung die man für Fünf Euro besuchen kann. Vor die Kaimauern brandet natürlich die Brandung und zerfrisst einen alten Anker der dort liegt. Das sieht sehr malerisch aus, das ist es dann aber auch schon.
Ein Paar betrachtete interessiert zwei Körbe mit Schwämmen und ein alter griechischer Fischer betrachtete die beiden seinerseits, aber uninteressiert.
Wir machten uns auf, den Zigeunermarkt von Heraklion zu suchen. Im Falk steht den gibt’s jeden Samstag. Nur nicht wo. Das volkskundliche Klischee besagt ja das Zigeuner vielmehr dazu neigen zu stehlen, als Dinge anzubieten. Aber vielleicht stehlen sie erst und verkaufen die Sachen dann? Wir fanden das nicht schön aber interessant. Vielleicht meinte der Falk genau das.
In der Souvenirmeile blieben wir stecken. Zwischen Gemüse, Gürteln, Tüchern, Schals, Ikonen, Fleisch, Käse, elektrischen Kleingeräten und Sonnenbrillen.
„Vielleicht ist das der Zigeunermarkt?“ Ich hatte keine Lust mehr zu suchen.
„Bestimmt“, sagte Julia. „Ich habe keine Lust mehr zu suchen.“
Julia hat die Fähigkeit aus jeder Situation nicht nur das beste zu machen, sie kann alles so drehen als wäre es die einzige und beste Situation in die wir hätten geraten können. Wäre sie damals als Erste zufällig auf den traurigen Saddam Hussein in seiner Erdhöhle gestoßen, hätte sie ihm auf die Schulter geklopft und gesagt: „Mensch, das ist doch für einen Single genau die richtige Größe!“
Oder etwas in der Art.
Julia beschloss also das die 200 Meter lange Touristengasse ganz eindeutig der Zigeunermarkt sei. Die Händler wären von ihrer Einschätzung nicht begeistert gewesen, aber egal. Wir liefen die bunte Gasse noch einmal in entgegengesetzter Richtung ab, so das sie viel länger wirkte.
Nicht schön, aber interessant.
Wir kauften Raki für Freunde und Eltern und schworen einander stark zu sein und den Schnaps bis zum Ende des Urlaubs nicht anzurühren. Im Hotel ließen wir die Flaschen tatsächlich eingepackt auf der Kommode stehen. So sahen sie nicht schön aus, aber interessant.
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"Die Nachbarn kreischen" (Aus meinem Urlaubstagebuch)
Am Sonntag, 27. Aug 2006 im Topic 'Urlaubstagebuch'
„Was ist da drüben im Hotel los?“
Wir saßen auf unserer Terrasse, zwischen den Laubengängen begann die abendliche Unruhe, die letzten Gäste eilten zum abendlichen Buffet, es war nicht zu warm, ein seidiger Abend, ein schöner Abend, ein gemütlicher Abend, und wir hatten jeder ein Bier.
„Was ist da drüben los?“
Ich kannte diesen Gesichtsausdruck. Wenn sie den Hals streckte, die Oberlippe etwas hochgezogen. Der Abend war gelaufen, zumindest der ruhige Teil.
Ich hörte es auch. Offenbar saßen am Pool des Nachbarhotels mehrere Menschen beisammen, fröhliches kreischen in kurzen Abständen, dazwischen eine Mikrofonstimme, dann wieder kreischen.
„Sie kreischen“. sagte ich und nahm einen Schluck.
„Das höre ich auch, aber worüber?“ Ihr Hals blieb gereckt, die Augen hatten sich inzwischen in zwei Scheinwerfer verwandelt mit denen sie das Gelände am Palmenweg Richtung Meer abzutasten versuchte.
„Lass sie doch kreischen. Irgendein fröhlicher Abend im Hotel nebenan. Wir habens doch grad nett hier.“
„Ja,“ sagte Julia, „aber ich will wissen was da los ist. Komm!“
Wir marschierten am leeren Pool vorbei, über die kleine Holzbrücke, das kreischen wurde lauter und Julia schlich wie eine Katze unter der Mauer zum Nachbarhotel entlang. Ich glaubte im matten Licht zu erkennen wie sie die Ohren spitzte und sie sogar in Richtung der Geräusche drehte. Noch war nicht zu erkennen wer da kreischte und vor allem worüber.
Julia duckte sich unter einer Staude und funkelte mich aus dem Halbdunkel an:
„Komm her,“ zischte sie. „Feigling!“
Ich war auf dem Kiesweg stehen geblieben und schaute zurück zu unserer Terrasse mit den zwei Bieren, die inzwischen wärmer wurden.
„Nicht Feigling. Ich find es nur albern.“
„Albern? Du willst doch auch wissen warum sie kreischen. Mach eine Räuberleiter.“
Ich machte eine Räuberleiter.
Im Lichterzucken der Scheinwerfer von der Strand Bar wurden wir für Sekunden hell erleuchtet, für Beobachter mussten wir einen verdächtigen Anblick bieten. Zum Glück war niemand in der Nähe. Nur die kreischende Menge hinter der Mauer.
Julia zog sich ächzend nach oben, ich hatte meinen Kopf in ihren Po gebohrt und atmete ebenfalls schwer.
„Und?“, flüsterte ich.
„Siehst du? Jetzt willst du es auf einmal auch wissen.“
Das kreischen brandete noch einmal auf, die Mikrofonstimme erstarb in einer letzten pfeifenden Rückkopplung. Ich hörte es nur dumpf weil meine Ohren von Julias Knien umschlossen waren.
„Ich kann nichts mehr hören“, sagte ich.
„Ich auch nicht“, flüsterte Julia. „Es hat gerade aufgehört. Sie sitzen nur da. Männer, Frauen, Kinder.“
„Aha.“
Wir liefen zurück zu Terrasse und kreischten leise. Vielleicht sind uns ja neugierige Pärchen gefolgt und wir hätten fast neue Freunde kennen gelernt.
Wir saßen auf unserer Terrasse, zwischen den Laubengängen begann die abendliche Unruhe, die letzten Gäste eilten zum abendlichen Buffet, es war nicht zu warm, ein seidiger Abend, ein schöner Abend, ein gemütlicher Abend, und wir hatten jeder ein Bier.
„Was ist da drüben los?“
Ich kannte diesen Gesichtsausdruck. Wenn sie den Hals streckte, die Oberlippe etwas hochgezogen. Der Abend war gelaufen, zumindest der ruhige Teil.
Ich hörte es auch. Offenbar saßen am Pool des Nachbarhotels mehrere Menschen beisammen, fröhliches kreischen in kurzen Abständen, dazwischen eine Mikrofonstimme, dann wieder kreischen.
„Sie kreischen“. sagte ich und nahm einen Schluck.
„Das höre ich auch, aber worüber?“ Ihr Hals blieb gereckt, die Augen hatten sich inzwischen in zwei Scheinwerfer verwandelt mit denen sie das Gelände am Palmenweg Richtung Meer abzutasten versuchte.
„Lass sie doch kreischen. Irgendein fröhlicher Abend im Hotel nebenan. Wir habens doch grad nett hier.“
„Ja,“ sagte Julia, „aber ich will wissen was da los ist. Komm!“
Wir marschierten am leeren Pool vorbei, über die kleine Holzbrücke, das kreischen wurde lauter und Julia schlich wie eine Katze unter der Mauer zum Nachbarhotel entlang. Ich glaubte im matten Licht zu erkennen wie sie die Ohren spitzte und sie sogar in Richtung der Geräusche drehte. Noch war nicht zu erkennen wer da kreischte und vor allem worüber.
Julia duckte sich unter einer Staude und funkelte mich aus dem Halbdunkel an:
„Komm her,“ zischte sie. „Feigling!“
Ich war auf dem Kiesweg stehen geblieben und schaute zurück zu unserer Terrasse mit den zwei Bieren, die inzwischen wärmer wurden.
„Nicht Feigling. Ich find es nur albern.“
„Albern? Du willst doch auch wissen warum sie kreischen. Mach eine Räuberleiter.“
Ich machte eine Räuberleiter.
Im Lichterzucken der Scheinwerfer von der Strand Bar wurden wir für Sekunden hell erleuchtet, für Beobachter mussten wir einen verdächtigen Anblick bieten. Zum Glück war niemand in der Nähe. Nur die kreischende Menge hinter der Mauer.
Julia zog sich ächzend nach oben, ich hatte meinen Kopf in ihren Po gebohrt und atmete ebenfalls schwer.
„Und?“, flüsterte ich.
„Siehst du? Jetzt willst du es auf einmal auch wissen.“
Das kreischen brandete noch einmal auf, die Mikrofonstimme erstarb in einer letzten pfeifenden Rückkopplung. Ich hörte es nur dumpf weil meine Ohren von Julias Knien umschlossen waren.
„Ich kann nichts mehr hören“, sagte ich.
„Ich auch nicht“, flüsterte Julia. „Es hat gerade aufgehört. Sie sitzen nur da. Männer, Frauen, Kinder.“
„Aha.“
Wir liefen zurück zu Terrasse und kreischten leise. Vielleicht sind uns ja neugierige Pärchen gefolgt und wir hätten fast neue Freunde kennen gelernt.
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"Learning English" (Aus meinem Urlaubstagebuch) Übrigens fhab ich das ganze Urlaubstagebuch unter "THEMEN" noch mal zusammengestellt. Mit noch mehr drinne.
Am Sonntag, 27. Aug 2006 im Topic 'Urlaubstagebuch'
Julia wollte das ich ihr im Urlaub Englisch beibringe. Sie spricht das normale Schulenglisch. Gut. Wenn ich ehrlich bin: Etwas schlechteres normales Schulenglisch.
Bei manchen Worten neigt sie zu einer unkonventionellen Aussprache. Aber schon das Wort „Schulenglisch“ sieht ja lustig aus wenn es das so geschrieben steht, und ähnlich lustig baut sie ihre Sätze zusammen. Ihre Grammatik ist abenteuerlich wie eine Reise durch den Dschungel. Zu wenig Praxis außerdem.
Woher auch.
Aber sie kann sich verständigen. Und es gibt wichtigeres als Englisch.
„Das sagst du nur weil DU es gut kannst“, maulte Julia abends auf dem Freisitz einer Bar in Chersonnissos.
„Bring es mir bei. Es ist mir unangenehm wenn ich was sagen will, und ich weiß genau was ich sagen will und ich kann es nicht so sagen wie ich es sagen will! Verstehst Du?“
„Vollkommen,“ sagte ich. „Dann fangen wir mal an.“
„Wie bei diesem Pärchen aus Holland das wir letztes Jahr in Portugal kennengelernt haben! Du hast dich mit dem Typen unterhalten, und mich hat seine Freundin vollgequatscht und ich hab alles verstanden und dann haben mir immer nur ein paar Worte gefehlt und bis mir das Wort eingefallen ist war die schon wieder ganz woanders und …“
„Und was?“
„Und…du hast mir ja nicht geholfen!“
„Mit 2 Promille kann ich mich nur noch auf EIN Gespräch konzentrieren. Aber jetzt helfe ich Dir ja. Komm, wir lernen Englisch. Das geht am besten wenn man es einfach spricht. Los, ab jetzt heute Abend nur noch Englisch“
Auf der Straße stakste eine Gruppe von abenteuerlich gekleideten Engländerinnen vorbei.
Julia blickte ihnen konzentriert nach, nahm einen tiefen Schluck Daiquirie und blies den Rauch aus den Backen. „Seeehr are mennie acklie Piepel work bei.“
„Working,“ sagte ich. „Säi ahr WORKING bei. Oder: HUH work bei. Eventuell geht auch: PÄSSING bei.“
„Was denn nun?“, fragte Julia spitz. „Und unterbrich mich nicht immer gleich!“
„Soll ich dir nun was beibringen oder nicht?“
„Ja. Aber nicht SO!“
„Wie: SO???“, fragte ich.
„So von oben herab. So besserwisserisch!“
Wie soll ich jemandem etwas beibringen ohne seine Fehler zu berichtigen? Ohne sofort „Besserwisser“ genannt zu werden? Das „besser wissen“ ist doch eine Grundbedingung dafür, das jemand der es eindeutig schlechter weiß von dem der es besser weiß profitieren kann. Oder?
„Mach weiter“, seufzte ich.
„Wieh finking…“, begann Julia.
„AAAHHR finking“, flüsterte ich in meinen Strohhalm.
„Was ist denn jetzt schon wieder,“ rief Julia. „Du weißt ja noch gar nicht wie mein Satz weitergeht!“
„Stimmt, aber mit: Wieh finking KANN er nicht mehr richtig werden. Es muss in jedem Fall heißen: Wie AAAHR finking! Es sei denn du willst eine Art gebrochenes Jamaika … Rastafari Englisch sprechen. Dazu mit indischem Akzent.“
„Verscheißern kann ich mich alleine“, schrie Julia. „Pass auf: Seeehr are mennie acklie Piepel working bei...JU ESSHOHL!!“
Die Gruppe abenteuerlich gekleideter Engländerinnen die in diesem Moment vorbeilief hatte zum Glück nur das letzte Wort verstanden und grinste mich mitleidig an.
„Perfekt.“ sagte ich.
Bei manchen Worten neigt sie zu einer unkonventionellen Aussprache. Aber schon das Wort „Schulenglisch“ sieht ja lustig aus wenn es das so geschrieben steht, und ähnlich lustig baut sie ihre Sätze zusammen. Ihre Grammatik ist abenteuerlich wie eine Reise durch den Dschungel. Zu wenig Praxis außerdem.
Woher auch.
Aber sie kann sich verständigen. Und es gibt wichtigeres als Englisch.
„Das sagst du nur weil DU es gut kannst“, maulte Julia abends auf dem Freisitz einer Bar in Chersonnissos.
„Bring es mir bei. Es ist mir unangenehm wenn ich was sagen will, und ich weiß genau was ich sagen will und ich kann es nicht so sagen wie ich es sagen will! Verstehst Du?“
„Vollkommen,“ sagte ich. „Dann fangen wir mal an.“
„Wie bei diesem Pärchen aus Holland das wir letztes Jahr in Portugal kennengelernt haben! Du hast dich mit dem Typen unterhalten, und mich hat seine Freundin vollgequatscht und ich hab alles verstanden und dann haben mir immer nur ein paar Worte gefehlt und bis mir das Wort eingefallen ist war die schon wieder ganz woanders und …“
„Und was?“
„Und…du hast mir ja nicht geholfen!“
„Mit 2 Promille kann ich mich nur noch auf EIN Gespräch konzentrieren. Aber jetzt helfe ich Dir ja. Komm, wir lernen Englisch. Das geht am besten wenn man es einfach spricht. Los, ab jetzt heute Abend nur noch Englisch“
Auf der Straße stakste eine Gruppe von abenteuerlich gekleideten Engländerinnen vorbei.
Julia blickte ihnen konzentriert nach, nahm einen tiefen Schluck Daiquirie und blies den Rauch aus den Backen. „Seeehr are mennie acklie Piepel work bei.“
„Working,“ sagte ich. „Säi ahr WORKING bei. Oder: HUH work bei. Eventuell geht auch: PÄSSING bei.“
„Was denn nun?“, fragte Julia spitz. „Und unterbrich mich nicht immer gleich!“
„Soll ich dir nun was beibringen oder nicht?“
„Ja. Aber nicht SO!“
„Wie: SO???“, fragte ich.
„So von oben herab. So besserwisserisch!“
Wie soll ich jemandem etwas beibringen ohne seine Fehler zu berichtigen? Ohne sofort „Besserwisser“ genannt zu werden? Das „besser wissen“ ist doch eine Grundbedingung dafür, das jemand der es eindeutig schlechter weiß von dem der es besser weiß profitieren kann. Oder?
„Mach weiter“, seufzte ich.
„Wieh finking…“, begann Julia.
„AAAHHR finking“, flüsterte ich in meinen Strohhalm.
„Was ist denn jetzt schon wieder,“ rief Julia. „Du weißt ja noch gar nicht wie mein Satz weitergeht!“
„Stimmt, aber mit: Wieh finking KANN er nicht mehr richtig werden. Es muss in jedem Fall heißen: Wie AAAHR finking! Es sei denn du willst eine Art gebrochenes Jamaika … Rastafari Englisch sprechen. Dazu mit indischem Akzent.“
„Verscheißern kann ich mich alleine“, schrie Julia. „Pass auf: Seeehr are mennie acklie Piepel working bei...JU ESSHOHL!!“
Die Gruppe abenteuerlich gekleideter Engländerinnen die in diesem Moment vorbeilief hatte zum Glück nur das letzte Wort verstanden und grinste mich mitleidig an.
„Perfekt.“ sagte ich.
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Frisbee! (Aus meinem Urlaubstagebuch)
Am Sonntag, 27. Aug 2006 im Topic 'Urlaubstagebuch'
Frisbee
Wir spielen Frisbee im Wasser. Das ist schwierig wegen des Windes. Es hängt von vielen Faktoren ab ob die schwarze Plastikscheibe zielgerecht von mir zu Julia und zurück fliegt: Sonnenstand, die Höhe der Wellen, die Richtung und Intensität des Windes sowie die Anwesenheit von Senioren und Kindern in unserer Nähe. Wir stellen besondere Regeln für diesen Fall auf: Einen Rentner am Kopf zu treffen gibt 10 Punkte, ihn mit der knapp vorbeiziehenden Scheibe zu erschrecken 5 Punkte. Wir machen jeden Tag mindestens 20 Punkte.
Wir spielen Frisbee im Wasser. Das ist schwierig wegen des Windes. Es hängt von vielen Faktoren ab ob die schwarze Plastikscheibe zielgerecht von mir zu Julia und zurück fliegt: Sonnenstand, die Höhe der Wellen, die Richtung und Intensität des Windes sowie die Anwesenheit von Senioren und Kindern in unserer Nähe. Wir stellen besondere Regeln für diesen Fall auf: Einen Rentner am Kopf zu treffen gibt 10 Punkte, ihn mit der knapp vorbeiziehenden Scheibe zu erschrecken 5 Punkte. Wir machen jeden Tag mindestens 20 Punkte.
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Freitag, 25. August 2006
Urlaub auf Kreta (aus meinem Urlaubstagebuch)
Am Freitag, 25. Aug 2006 im Topic 'Urlaubstagebuch'
Dicke Kinder
Eines der ersten Dinge die man in Hotels wahrnimmt sind dicke Kinder.
Beim abendlichen Buffet sind uns gleich zwei aufgefallen. Wir machen uns nicht lustig über dicke Kinder aber in der langen Schlange braucht man schließlich etwas Unterhaltung. Das erste dicke Kind war deutsch, das andere dicke Kind unbekannter Herkunft. „Wahrscheinlich aus Dickistan“, flüsterte Julia.
Ja. Erwischt. Natürlich machten wir uns über die dicken Kinder lustig. Aber wir schimpften auch auf die Eltern. Die waren schließlich Schuld. Das glich es dann irgendwie wieder aus.
Julia war aufgefallen das das dicke Kind aus Dickistan aß „wie ein Erwachsener“ und sie hatte vollkommen recht: Es spielte nicht mit dem Essen, sondern fraß mit reifer Zweckmäßigkeit. Wenn sich für andere Kinder die Gabel gern in ein Raumschiff verwandelt und das Messer in einen außerirdischen Angreifer die ihre Kämpfe über dem Spaghettiteller ausfechten, war eine Gabel für das Kind aus Dickistan ein nützliches Werkzeug um unglaubliche Mengen Moussaka in sich hinein zu stopfen. Die Eltern der fetten kleinen Raupe waren dafür mager und betrachteten ihren Sprössling mit einer Mischung aus Liebe und Resignation. Vielleicht hatten sie auch einfach nur Angst das der Kleine sie Nachts aufessen könnte.
In der Schlange am Buffet schien das dicke Kind aus Deutschland unglaublich zu leiden: Ringsum an den Tischen waren schon alle am essen und der eigene Weg zu den Töpfen noch lang. Wir weideten uns an seinen Qualen. Das Kind schaute aus kleinen Augen umher und war einer Ohnmacht nahe. Die Mutter des Kleinen stand in der Schlange hinter uns. Ebenfalls klein. Aber viel dünner. Ihr Prachtkind bemerkte das ihm die Mutter fehlte und zerrte sie zu sich in der Schlange nach vorn. Die Mutter ließ es mit einem verlegenen Blick nach uns geschehen, wir auch.
„Meine Mutti gehört zu mir, also stehst du bei mir“ sagte der Kleine mit Mädchenstimme.
Das war schon wieder rührend. Ich wünsche mir für mich mal ein schlankes Kind aber genau so unverschämt.
Eines der ersten Dinge die man in Hotels wahrnimmt sind dicke Kinder.
Beim abendlichen Buffet sind uns gleich zwei aufgefallen. Wir machen uns nicht lustig über dicke Kinder aber in der langen Schlange braucht man schließlich etwas Unterhaltung. Das erste dicke Kind war deutsch, das andere dicke Kind unbekannter Herkunft. „Wahrscheinlich aus Dickistan“, flüsterte Julia.
Ja. Erwischt. Natürlich machten wir uns über die dicken Kinder lustig. Aber wir schimpften auch auf die Eltern. Die waren schließlich Schuld. Das glich es dann irgendwie wieder aus.
Julia war aufgefallen das das dicke Kind aus Dickistan aß „wie ein Erwachsener“ und sie hatte vollkommen recht: Es spielte nicht mit dem Essen, sondern fraß mit reifer Zweckmäßigkeit. Wenn sich für andere Kinder die Gabel gern in ein Raumschiff verwandelt und das Messer in einen außerirdischen Angreifer die ihre Kämpfe über dem Spaghettiteller ausfechten, war eine Gabel für das Kind aus Dickistan ein nützliches Werkzeug um unglaubliche Mengen Moussaka in sich hinein zu stopfen. Die Eltern der fetten kleinen Raupe waren dafür mager und betrachteten ihren Sprössling mit einer Mischung aus Liebe und Resignation. Vielleicht hatten sie auch einfach nur Angst das der Kleine sie Nachts aufessen könnte.
In der Schlange am Buffet schien das dicke Kind aus Deutschland unglaublich zu leiden: Ringsum an den Tischen waren schon alle am essen und der eigene Weg zu den Töpfen noch lang. Wir weideten uns an seinen Qualen. Das Kind schaute aus kleinen Augen umher und war einer Ohnmacht nahe. Die Mutter des Kleinen stand in der Schlange hinter uns. Ebenfalls klein. Aber viel dünner. Ihr Prachtkind bemerkte das ihm die Mutter fehlte und zerrte sie zu sich in der Schlange nach vorn. Die Mutter ließ es mit einem verlegenen Blick nach uns geschehen, wir auch.
„Meine Mutti gehört zu mir, also stehst du bei mir“ sagte der Kleine mit Mädchenstimme.
Das war schon wieder rührend. Ich wünsche mir für mich mal ein schlankes Kind aber genau so unverschämt.
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Freitag, 18. August 2006
Griechische Kellner
Am Freitag, 18. Aug 2006 im Topic 'Urlaubstagebuch'
„My Friend!“ sagen die griechischen Kellner alle Nase lang.
Sie sagen es zu jedem. Manchmal legen sie Dir auch die Hand auf die Schulter. Auch das tun sie bei jedem. Du brauchst Dir nichts darauf einzubilden. Wie die Familie aus Düsseldorf die zu Hause erzählt: Der Kellner hat uns gemocht! So was herzliches. Ein richtiger Grieche der uns gemocht hat. So was gibt’s eben nur in Griechenland.
Einfach: „My Friend!“, und Hand auf die Schulter.
Julia sagt, sie findet das eigentlich schön. Ich finde es auch schön: Eine Geste die nichts kostet, bei der sich alle wohlfühlen und in Düsseldorf hat man wenigstens was zu erzählen.
Julia und ich stellen uns vor was wäre wenn sie zu dem Kellner sagen würde: „Lass das. Für dich bin ich nur eine unter vielen. Das sagst du doch zu jedem. Du spielst mit meinen Gefühlen.“ Wir glauben er würde es nicht verstehen. Aber lustig wäre es schon.
Sie sagen es zu jedem. Manchmal legen sie Dir auch die Hand auf die Schulter. Auch das tun sie bei jedem. Du brauchst Dir nichts darauf einzubilden. Wie die Familie aus Düsseldorf die zu Hause erzählt: Der Kellner hat uns gemocht! So was herzliches. Ein richtiger Grieche der uns gemocht hat. So was gibt’s eben nur in Griechenland.
Einfach: „My Friend!“, und Hand auf die Schulter.
Julia sagt, sie findet das eigentlich schön. Ich finde es auch schön: Eine Geste die nichts kostet, bei der sich alle wohlfühlen und in Düsseldorf hat man wenigstens was zu erzählen.
Julia und ich stellen uns vor was wäre wenn sie zu dem Kellner sagen würde: „Lass das. Für dich bin ich nur eine unter vielen. Das sagst du doch zu jedem. Du spielst mit meinen Gefühlen.“ Wir glauben er würde es nicht verstehen. Aber lustig wäre es schon.
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Sonntag, 19. März 2006
Gedicht "Zeichen"
Am Sonntag, 19. Mär 2006 im Topic 'Urlaubstagebuch'
Dieses Gedicht soll zeigen das ich auch mal in die Tiefe gehen kann. Das ich nicht nur ein fröhlicher Springinsfeldimmerlustigkakadu bin. Kapiert? Nun denn: Zurückgelehnt und flugs studiert!
"Zeichen"
Das wichtigste im Leben sind Zeichen
Von Gott - die einem Lichte gleichen
Doch nur EIN Zeichen sagt dem frommen Christ
Wie lang der Joghurt haltbar ist.
"Zeichen"
Das wichtigste im Leben sind Zeichen
Von Gott - die einem Lichte gleichen
Doch nur EIN Zeichen sagt dem frommen Christ
Wie lang der Joghurt haltbar ist.
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